Sunday, August 17, 2008

Independent-Fußball: AFC Wimbledon

Gestern bin ich nach Kingston gefahren, um mir ein Heimspiel des AFC Wimbledon anzuschauen. Seit Jahren verfolge ich die Entwicklung dieses einmaligen Vereins, der von engagierten Fans 2002 als unabhängige Alternative zum Proficlub FC Wimbledon gegründet wurde. Dessen Clubbosse hatten den FC damals an neue Eigentümer verschachert, die den Spielbetrieb aus kommerziellen Gründen kurzerhand ins 100 Kilometer entfernte Milton Keynes verlegten. Die ihres Clubs beraubten Anhänger wagten den Neubeginn und meldeten den AFC in der untersten britischen Liga an. Sie sorgten dafür, dass der Verein für alle Zeiten nur den Fans gehören wird und nicht erneut kommerziellen Interessen von Großeigentümern unterworfen werden kann. Inzwischen ist der AFC vier Mal aufgestiegen. Zwar spielt er immer noch nur in der sechsten Liga, aber wer weiß: Nach drei Spieltagen der neuen Saison steht der AFC nach drei Siegen schon wieder auf Platz 2. (Der alte FC Wimbledon ist inzwischen drei Mal abgestiegen und spielt inzwischen unter dem Namen MK Dons in der vierten Liga. Mal sehen, wann man sich wiedersieht.)
Das Stadion Kingesmeadow ist klein, aber schön: Gut in Schuss, überall überdacht, mit vielen Stehplätzen. Die Fans sind nur ein paar tausend, doch die Plätze sind gut gefüllt, die Stimmung ist enthusiastisch. Eine Tasse Tee kostet 80 Pence, die Mitarbeiter und Ordner sind freundlich. Vor dem Anpfiff kommt “Time for Action” von Secret Affair aus den Stadionboxen.
Die Qualität des Spiels ist überraschend gut. Und es ist spannend. Nachdem Bognor Regis Town kurz vor der Pause ausgeglichen hat, steht es bis kurz vor Schluss 1:1 - mit guten Chancen auf beiden Seiten. In der 88. Minute fällt dann endlich das 2:1 für den AFC, in der Nachspielzeit wird auf 3:1 erhöht.
Mit dem Gefühl, etwas Großartigem zugesehen zu haben, das keineswegs langweiliger war als ein teures Bundesliga- oder Premier-League-Spiel, mache ich mich auf den Heimweg. Sollen die da oben doch ihre Stadionnamen verschachern, sollen sie doch Hunderte Euro Eintritt verlangen, sollen sie doch ihre Clubs irgendwelchen Öl-Milliardären zur Belustigung überlassen: Elf gegen elf über 90 Minuten, Fans, Spannung, Abwehrschlachten, Last-Minute-Tore wird es weiterhin geben, dann eben ein paar Ligen tiefer.
Es ist ein Bisschen wie mit der Musikindustrie: Mainstreamkacke, Stadionrock, Castingshows, Klingelton-Abos hindern uns ja auch nicht daran, eine Alternativkultur zu pflegen. Im Gegenteil: Musik, Fans, Clubs, Bands wird es auch jenseits großer kommerzieller Interessen weiterhin geben.
Hah!